Ein Rolf für alle Fälle
In der Corona-Pandemie kümmerte sich Altenpfleger Rolf Kisser um die Pflege seiner Wachkoma-Patienten, obwohl er selbst zur Risikogruppe gehört. Für sein Engagement wurde er nun in den #Heldenkader berufen.
Was Rolf Kisser macht, erfordert starke Nerven. Er pflegt Wachkoma-Patienten – und das ist oft eine enorme emotionale Belastung. Die Erkrankten haben die Augen geöffnet, können sich jedoch meist weder durch Worte noch durch Gesten mitteilen oder auf Zuwendungen reagieren. Rolf Kisser kümmert sich bestmöglich um diese Menschen. Er ist Altenpfleger und hat während der Corona-Pandemie auf seiner Krankenstation eine am Virus erkrankte Patientin betreut. Mit der Berufung in den Heldenkader und der Einladung zum EM-Finale 2021 nach London danken wir ihm für diesen starken Einsatz.
„Ich freue mich riesig. Mein Sohn Mathis und ich haben für zwei EM-Spiele in München Tickets, darunter für das erste Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft“, sagt der 61-Jährige. „Dass ich dank meines Sohnes jetzt auch noch das EM-Finale im Wembley-Stadion live sehen kann, ist Weltklasse.“ Mathis hatte im Internet von der gemeinsamen Aktion des DFB und Volkswagen erfahren und kurzerhand entschieden, seinen Vater vorzuschlagen. „Sicherlich hätten alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seiner Krankenstation die Nominierung für den Heldenkader verdient gehabt. Aber ich bin sicher, dass sich mein Papa ganz besonders darüber freut“, erzählt der 24-Jährige.
SV Grohn im Herzen und in der Brust
Rolf Kisser liebt und lebt Fußball – auf und neben dem Platz. Jahrelang spielte er als Linksaußen in einem Dorfverein in der Nähe von Cuxhaven. Mittlerweile steht er zwar nicht mehr selbst auf dem Platz, betreut aber noch die erste Herrenmannschaft des Landesligisten SV Grohn. Dafür reist er am Wochenende auch gerne mal quer durch die Region. „Auf und neben dem Platz zu stehen, Emotionen zu zeigen, laut zu werden und auch mal mit dem Schiedsrichter zu diskutieren – das macht für mich Fußball aus und das liebe ich an dem Sport.“ Nach dem Spiel sitzt er mit seinem Team häufig noch beisammen und plaudert übers Leben. Für Kisser der perfekte Ausgleich zu seinem toughen Beruf.
Der Job als Altenpfleger fordert ihn sehr. Als wäre die Arbeit mit Wachkoma-Patienten nicht schon herausfordernd genug, kam im Frühjahr die Corona-Pandemie hinzu – und mit ihr die Erkrankung einer Bewohnerin. Deshalb musste die Einrichtung komplett isoliert werden. Ohne Zögern übernahm Kisser die Betreuung der Erkrankten. Als Held sieht er sich deswegen noch lange nicht. „Ich mache einfach nur meinen Job.“ Mittlerweile ist die Lage in seiner Einrichtung dank gelungenem Hygienekonzept wieder unter Kontrolle und er bei der Arbeit, die er am besten kann: seine Wachkoma-Patienten pflegen und dabei über das Leben sprechen, auch wenn sie ihm kein verbales Feedback geben werden. „Aber die Hoffnung ist immer da, dass sie zuhören, sich ein Finger bewegt oder sie irgendwann doch wieder aus dem Wachkoma erwachen.“
Deutschland soll Europameister werden
Beim EM-Finale 2021 in London freut sich Kisser vor allem auf die Stimmung im Wembley-Stadion und gibt sich überzeugt: „Das wird sicherlich ein einmaliges Erlebnis.“ Er hofft allerdings, dass das Spiel schon nach 90 Minuten entschieden sein wird. „Ich bin mir nicht sicher, ob mein Nervenkostüm eine Verlängerung oder ein Elfmeterschießen aushalten wird.“ Und wen wünscht er sich als Europameister? „Das Schönste wäre natürlich, wenn Deutschland gewinnt, am besten im Endspiel gegen Italien.“ Im ersten Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft in München will Kisser mit seinem Sohn Mathis jedenfalls einer der möglichst vielen Zuschauer sein, die der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw zujubeln. Er hat es sich verdient.