Hans Meyer
„Ohne Bier“, sagt Hans Meyer über die Feierlichkeiten anlässlich seines ersten Pokalsiegs, und verzieht keine Miene dabei. „Wir hatten kein Bier in der DDR, also keine Bierdusche – aber hinterher einen Rotkäppchen-Sekt“, präzisiert er – und dann lächelt er dieses typische Meyer-Lächeln. Man würde ihm derlei Aussagen fast glauben, wenn man es nicht besser wüsste. Und es sind genau diese süffisanten Sprüche, für die Meyer stets gleichermaßen geliebt und gefürchtet war: Er amüsierte das Publikum – und trieb Journalisten in den Wahnsinn. Wenn von Hans Meyer die Rede ist, dann meist in seiner Funktion als sportlicher Retter oder humoriger Medienschreck. Eher selten ist dagegen von Meyers Rekord zu hören: Durch seine Pokalsiege mit Jena und Nürnberg brachte er das Kunststück fertig, als einziger Trainer sowohl den FDGB- als auch den DFB-Pokal zu gewinnen.
Schon wieder dieses Lächeln
Er weiß um seinen Rekord. „Ich hab’s ja schon oft genug zu hören bekommen“, sagt er fast vorwurfsvoll, und fügt hinzu: „Ich bin aber schon auch auf der Jagd nach etwas Besonderem für mich.“ Wieder dieses Lächeln, das so viel heißt wie: Jetzt denken Sie mal nach, wie ich das gemeint haben könnte. Es ist in diesem Fall nicht nötig, Meyer hat ja längst etwas Besonderes gefunden. Denn seine Erfolge sprechen eine deutliche Sprache. Nach einer kurzen aktiven Karriere in der DDR übernahm er 1971 den Trainerposten in Jena und wurde mit 28 Jahren jüngster DDR-Oberliga-Trainer. 1972, 1974 und 1980 holte er mit der Mannschaft dreimal den FDGB-Pokal der DDR, ehe er sie 1981 sogar ins Finale des Europapokals der Pokalsieger führte.
Übers Ausland in den Westen
Nachdem Meyer nach zwölf Jahren in Jena seine Papiere bekam, trainierte er bis 1995 diverse Mannschaften im Gebiet der ehemaligen DDR, ehe er drei Jahre lang die Geschicke bei Twente Enschede leitete. Anschließend brach seine Zeit als Retter an: Er führte Borussia Mönchengladbach zurück in die erste Liga, rettete Hertha vor dem Abstieg und hielt anschließend den 1. FC Nürnberg im Oberhaus, den er als Tabellenletzten übernommen hatte. Der Trainerfuchs Meyer war als Fels in der Brandung gefragt und galt fortan überall, wo es brannte, als heißer Kandidat für den Platz auf der Bank. Er hatte folglich reichlich zu tun, weshalb er behauptet, nie darüber nachgedacht zu haben, ob er nach dem Mauerfall noch einmal einen Pokal in der Hand halten würde.
Meyers vierter Pokalsieg
Doch genau das geschah 2007 ausgerechnet mit dem frisch geretteten Club aus Nürnberg. Mit 3:2 setzten sich die Franken im Finale nach Verlängerung gegen Stuttgart durch – und machten Meyer in der Region zur Legende. Die Emotionen seien nicht wesentlich anders als bei seinen FDGB-Pokalsiegen gewesen, erinnert sich Meyer. „Wenn ich den Pokal mit Nürnberg in der Bundesliga hole, ist es rein ökonomisch lukrativer, aber das ist etwas, was in dem Moment, in dem du den Pokal holst, absolut sekundär ist“, sagt er.
Gartenverbot für den vermeintlichen Züchter
Ein gutes halbes Jahr, nachdem er 2008 in Nürnberg wegen Erfolglosigkeit beurlaubt worden war, brach Meyer erneut nach Gladbach und zu seiner vorerst letzten Rettungsaktion auf. Er übernahm seine ehemalige Mannschaft als Schlusslicht der Tabelle und schaffte mit dem Rekord-Tiefstwert von 31 Punkten noch den direkten Klassenerhalt. Er bat dennoch um seine Vertragsauflösung, und nicht wenige mutmaßten, das könne eigentlich nur mit den Rosen zu tun haben. Nachdem sich Meyer mit dem Verweis auf seine angebliche Zierrosen-Leidenschaft etliche Male um Antworten auf unliebsame Fragen gedrückt hatte, hatte sich die Geschichte zum Selbstläufer entwickelt. Meyer sitzt mittlerweile im Vorstand von Borussia Mönchengladbach, doch er wird sie bis heute nicht los. Dabei hatte er einst sogar in einem Interview verraten, dass er in Wahrheit nicht die leiseste Ahnung von Rosen habe und ihn seine Frau deshalb vorsichtshalber überhaupt nicht in den Garten lasse.