Roland Stein
Roland Stein freut sich über Besuch von Journalisten, und zwar immer wieder. Sobald der FC Bayern in der ersten Pokal-Runde entweder ein Provinznest oder einen Verein aus Franken zugelost bekommt, klingelt bei ihm zu Hause zuverlässig das Telefon. Er muss dann erklären, wie er es 1994 als 21-Jähriger anstellte, Weltklasse-Spielern wie Thomas Helmer, Lothar Matthäus und Markus Babbel zu entwischen und den Ball hinter Oliver Kahn im Tor zu versenken. „Mir macht das immer wieder Freude, ich werde ganz ehrlich gerne daran erinnert“, sagt Stein über das Tor seines Lebens, mit dem er den FC Bayern in der Auftakt-Runde des DFB-Pokals aus dem Wettbewerb warf.
Party im Frankenstadion
Sein Pflichtspiel-Debüt auf der Trainerbank der Bayern hatte damals kein Geringerer als Giovanni Trapattoni gegeben, von dem die Presse später behaupten sollte, er beherrsche nun drei Worte auf deutsch: Ja, nein – und Vestenbergsgreuth. Stein wundert sich auch nach vielen Jahren noch darüber, was damals passierte. Wie sich andere Leute zum runden Geburtstag einen Partyraum mieten, war der TSV Vestenbergsgreuth anlässlich des Duells mit den Bayern extra ins Nürnberger Frankenstadion umgezogen. Bereits im Vorfeld waren sich alle einig gewesen, dass der Abend eine gewaltige Party werden würde. „In erster Linie war es ein Riesenerlebnis, gegen den großen FC Bayern zu spielen. Daran gedacht, dass wir da irgendwas reißen können, hat man zu diesem Zeitpunkt noch nicht“, sagt Stein. Denn damit, dass die prominenten Gäste die Feier derart schlecht gelaunt verlassen würden, wie es die Bayern nach der Pleite taten, hatte Stein in seinen kühnsten Träumen nicht gerechnet.
Die Bayern sind gewarnt
Er weiß noch heute genau, woher Wolfgang Hüttners Flanke kam, die er in der 43. Minute in die Maschen köpfte – und wie seine Mannschaft bis zum Schlusspfiff darauf wartete, dass der übermächtig geglaubte Gegner sich schon noch retten würde. Aber es passierte nicht. Obwohl Vestenbergsgreuth um den Aufstieg in die zweite Liga spielte, sieht Stein die Ursache dafür in erster Linie bei den Bayern. „Vielleicht haben sie uns unterschätzt – und wir haben bis zum Schluss gerackert“, sagt er. Sensations-Jäger haben es seit jenem Tag schwer gegen die Münchner: Nach dem 0:1 gegen Vestenbergsgreuth schieden die Bayern nie wieder in der ersten Runde aus.
Keine große Karriere
Doch obwohl Stein über Nacht zur Berühmtheit geworden war, wurde es nichts mit der großen Karriere. Während es sein damaliger Mannschaftskollege Harry Koch in Kaiserslautern zum deutschen Meister brachte, stehen für Stein gut 200 Regionalligaspiele und sieben Begegnungen in der zweiten Liga zu Buche. So gerne er an seinen Treffer zurückdenkt, so sehr erfasst ihn beim Anblick seines unbändigen Torjubels deshalb auch die Wehmut. „Man denkt sich: Nochmal so jung sein, noch mal die Chance haben, mit dem Fußball weiter zu kommen“, sagt er. Stein verletzte sich. Er hatte Probleme, den Anschluss zu halten. Und bei größeren Vereinen sei man auch nach solch einem furiosen Start schnell vergessen worden, sagt er nachdenklich. „Diese Chance noch einmal zu haben, wäre schon schön“, fügt er hinzu.
Nebenberuf Pokalheld
Dabei ist der Spielertrainer der DJK Mistendorf mit seinem Leben nach dem Leistungssport durchaus zufrieden. Über zehn Jahre lang führte er den landwirtschaftlichen Betrieb seines verstorbenen Vaters fort, ehe er in seinen Ausbildungsberuf als Industriemechaniker zurückkehrte. Nebenberuflich ist Stein dagegen seit Jahrzehnten in derselben Funktion tätig: als Pokalheld.